20.07.10

episode 14

mit hilfe einer halben flasche trockenen weissweins begab sich sybille in einen zustand fröhlicher gelassenheit. logo trank sie den nicht pur sondern als schorle. weissweinschorle zu trinken, war ausweis ihres korrigierten lebenswandels. schluss mit wodka und den harten sachen, lieber kalorienreduziert angetütert sonntags in der kaufbar rumhägen, als auf chillouts in der bar25 übergrosse pupillen hinter sonnenbrillen verstecken! ihre obercoole absturznummer sollten jules und sören mal hübsch alleine kultivieren. überhaupt, jules! diese verdammte hexe!!! einen wimpernschlag lang kochte sybille vor wut, bevor sie erneut auf ihre weinschorlewolke zurücksank. so richtig hatte sie die demütigungen des letzten halben jahres noch nicht verwunden und wurde daher ab und an von derartigen ausbrüchen durchgeschüttelt. immerhin vergrösserten sich die abstände zwischen ihren aufwallungen merklich. das hier jedenfalls schien der ideale ort für einen umfeldwechsel zu sein. könnte man durchaus auch mit den eltern vorbeischauen. alles etwas unorthodox, aber genau die richtige mischung für die ellis. es gab kaffee auch im kännchen und das konzept war obendrein noch originell. die kaufbar hiess nämlich kaufbar, weil hier abgesehen von getränken auch alles andere kaufbar war. einfach so die kaffeetasse vom nachbartisch kaufen. hihi. sybille kicherte albern in sich hinein. noch ein klitzekleines gläschen vor dem nachhauseweg könnte gewiss nicht schaden. gemächlich durchquerte sie ihr neues wohnzimmer, um nachschub zu ordern, und linste dabei mit einem auge auf die strasse. wurde zeit das mal ein bekanntes gesicht zum plauschen vorbeikam, mittlerweile hatte sie alle magazine zig mal durchgeblättert. ärger krauste ihre stirn. keine nachrichten auf dem telefon. babs und miri wollten sich heute wohl nicht blicken lassen. in sybilles ohren schwoll die angeregte plauderei der spanischen gruppe am nachbartisch zu einem bedrohlichen brausen an. „drei stunden alleine rumhocken, da machste dich ja zum vollaffen“, entfuhr es ihr halblaut. herrjeh! selbstgespräch! völlig neue symptomatik. wenn jetzt wenigstens jemand sie ansprechen würde, so wie niels vergangenen sonntag. mit dem hatte sie beinahe eine stunde über seine arbeit als fotograf geredet. spannender typ, mit 33 halt eine ecke reifer als diese möchtegern heroen wie jules und ... nein! überhastet kippte sie das glas zu schnell und dabei die hälfte des inhalts über ihr shirt. also ein neues holen. mit schwammigen beinen begab sie sich zurück an die bar. eins noch trinken, dann hätte sie auch wieder festen boden unter ihren füssen.

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