20.07.10

episode 15

verflixt und zugenäht! wo hatte sie denn bloss eben die neuen bons abgelegt? verstohlen lupfte sybille kurz ihre füsse. hätte sie doch lieber die bequemen ballerinas angezogen! gott, jetzt eine pause und selber mal ne tasse kaffee oder ein wasser! seit zwei stunden rotierte sie hinter dem tresen und draussen war es grad mal halbvoll. „ein milchkaffee, ein latte, ein chai-latte, eine kleine apfelschorle und eine grosse! zwei getreidemilchkaffee, einmal mit soja! ist der espresso für die 24 schon fertig?“ kathi schmiss die bons auf die untertasse, schob sybille beiseite, griff dabei mit der einen hand nach den tassen, während sie mit der anderen schon den siebträger einrasten liess. zack zack waren zwei espresso fertig. sybilles pony hing klatschnass in den augen. „sybille! gehst du bitte mal beiseite! wir haben keine tassen mehr! wieso ist die spülmaschine noch nicht an? könntest du bitte die schmutzigen gläser dort drüben abstellen und nicht irgendwo? danke!“ sandra rauschte vorbei, ein übervolles tablett hinterlassend. wie soll ich denn bitte schön die spülmaschine ein und ausräumen, wenn ich angeblich immer im weg stehe? die beiden biester waren schon bei der begrüssung ausgesprochen ekelhaft gewesen. angestrengt starrte sybille auf ihre rechte hand: der kleine finger zitterte schon wieder wie verrückt. ein untrügliches zeichen dafür, dass sich hässliche rote hektikflecken vom hals her auszubreiten begannen. kein wunder, das hier erinnerte ja auch eher an eine gehässige schulhofschubserei als an irgendetwas anderes. der heissfeuchte nebel der ausdampfenden spülmaschine schlug ihr beim öffnen schmerzhaft ins gesicht. so also sah ihre strafe für das mit dieser albernen liebelei verbummelte semester aus. als mum und dad erfuhren das sie bei weitem nicht alle erforderlichen scheine vorweisen konnte, hatten sie ihr zwar nicht die monatlichen zahlungen zusammengestrichen, aber verlangt, dass sie in den semesterferien zu arbeiten und das geld zurückzulegen hatte. für grössere anschaffungen kommen wir in zukunft nicht mehr alleine auf! äffte sie dad’s strengen beamtentonfall im geiste nach. eigentlich wäre ein klamottenladen der coolere job für sie gewesen. einer in dem auch berliner designer verkauft werden zum beispiel. den ganzen montag war sie durch mitte und prenz’lberg gelaufen und klapperte alle aber auch wirklich alle boutiquen und zum schluss auch die schuhläden ab. als sie dann am abend auf einen aufmunterungs-prosecco hier einkehrte, hatte sie, eher aus versehen, beim bezahlen nach arbeit gefragt und wurde gleich am nächsten tag zur probeschicht eingeladen. von draussen hörte sie peer, ihren chef, mit irgendwelchen gästen leutselig herumflachsen. ausgerechnet in diesem chaos! die beiden schreckschrauben hatten sie mit abgeräumten geschirr geradezu zugeschmissen und waren ausgerechnet jetzt nirgends zu sehen. da sah sie schon wie sich peers braune surfer-mähne durch die tür schob. mit einem lauten knall zersprang gleich ein stapel frühstücksteller genau vor ihren füssen. sybille stand da wie festgewachsen und peer blickte ihr genau in die augen.

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