20.07.10

episode 33

sie hatte gar nicht hingehört. „da gewesen“. eine frage vielleicht. „bist du da schon mal gewesen?“ hier und da und da und da oder dort. er war da gewesen, das stand fest. nicht einmal richtig angesehen hatte sie ihn. warum auch. sollte er doch aussehen wie er will oder wie er halt aussah: irgendeine jeans mit, wie es im katalog stehen würde, einer coolen waschung, sneaker, eine jacke, ein gesicht und einen schwarz-weiß karierten hut als szeniges i-tüpfelchen über dem ansonsten bedeutungslosen strich. immerhin: ein „i“ war er schon mal. auf seiner berlinale-tasche waren auch ganz viele i’s. „... da haben die fitnessräume in den unis, dafür fallen die lampen von der decke, die haben extra netze unter die decken gespannt deswegen, in den usa, weil die lampen immer herunter fallen. aber eigene fitnessräume! wie heißt du eigentlich? ich bin jörg.“ aha, du jörg, ich jane. sybille nickte routiniert mit dem kopf, versuchte dem rauch ihrer zigarette hinterher zu träumen. sie war ja nur hier, um zu schauen was passierte, wenn sie da war. hier, wo ihr ganz schwindelig wurde von den gesprächen, vom lachen und rufen aus den ecken und um sie herum. was ist wenn du mit jörg abziehst? mit anfassen und allem drum und dran? nach etwas von ihm greifen? in die hand nehmen, wie sie beim kochen mit raiko das aufgeschlagene ei in der hand gehalten hatte, um es für die sauce hollandaise zu trennen? das eiweiß lief zäh zwischen ihren fingern hindurch ab, während sie das eigelb behutsam hin und her gleiten ließ. ein lustiges gefühl, feucht, weich, empfindlich. man konnte es leicht zusammendrücken, ohne dass es kaputt ging. „ich habe noch nie ein ei in der hand gehabt ... jedenfalls nicht so eines“, hatte sie gekichert und die röte vom hals her aufsteigen gefühlt. nicht wegen des spruches, sondern weil sie nicht aufhören konnte damit, sich das eigelb von der einen hand in die andere zu geben und weil es ein so konkretes gefühl war. sie überlegte, was sie für eine sein könnte. eine andere, die mit jörg nach hause geht, ihn mitnehmen könnte, mitnehmen will, weil es egal ist. aber es war ein jörg. wenn so ein jörg sich einen runterholt, dachte sybille, legt er sich ein handtuch auf den bauch. auf dem bett. ohne bettdecke damit die nichts abbekommt. aber er sieht weg dabei. er kann sich nicht zusehen dabei wie die hand auf und ab ruckt, er sich einen abruckelt, durch die nase schnaufend mit halbgeöffnetem mund. er macht die augen zu dabei, danach knüllt er das handtuch zusammen und wirft es in die wäsche. wenn er es später in die waschmaschine räumt, schaut er betreten beiseite als stünde sie hinter ihm, oder eine andere eroberung aus einer anderen bar. die er wahrscheinlich nie hatte, auf die er sich aber morgens nach dem aufwachen einen runterholt. er würde also so oder so sex mit ihr haben. sie starrte ihn an. sie konnte sich einen fremden jörg beim onanieren vorstellen.

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